Familienalltag

Bindehautentzündung am Arbeitsplatz

Der Tag fing an wie andere Tage auch. Der biologische Wecker des Juniors klingelte gegen 8 Uhr. Wir machten noch ein wenig Quatsch im Bett, zogen uns an um dann zu frühstücken. Anschließend spielten wir bis 11 Uhr ausgiebigst. Denn unsere gemeinsame Zeit am Vormittag ist unsere einzige Mama-Junior-Zeit des Tages, wenn ich (so wie an diesem Dienstag) Spätschicht habe. Gegen 11 Uhr brachte ich David dann in die Krippe. Dort bleibt er bis abends, wenn Papa von der Arbeit kommt und ihn abholt.

An diesem Tag fing meine Schicht um 14 Uhr an. Wie immer fuhr ich auf Arbeit und legte mit der Arbeit los. Wie immer. Gegen 15.30 Uhr klingelte plötzlich mein Handy. „Kita“ stand da auf dem Display, welches in bunten Farben leuchtete. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und mir wurde irgendwie ganz warm um die Brust, trotz Klimaanlage im Büro. Das ist mein persönlicher Albtraum: Die Krippe ruft an. Lebt er noch? Hat er sich was gebrochen? Gehirnerschütterung? Oder nur eine Beule?

„Hallo, hier ist Gruppenleiterin der Chameliongruppe. Ihr Junior hat offensichtlich eine Bindehautentzündung. Das ist mir heute Mittag schon aufgefallen. Aus dem rechten Auge kommt Eiter. Jemand müsste Ihr Kind bitte abholen kommen, wegen der Ansteckungsgefahr.“ Das saß. Mist! Ganz großer Mist! Durch meinen Kopf gehen plötzlich sehr viele Gedanken. Sehr, sehr viele. Ausgerechnet jetzt sind Oma sowie Patentante und Co im Urlaub. Musste ja so sein. Ich sage nur kurz: „Ja natürlich wir werden ihn abholen. Ich muss noch mal telefonieren und melde mich dann noch mal. Bis gleich.“

Im Kopf gehe ich die Notfallpläne durch. Erst einmal die andere Oma, meine Mutter, anrufen. „Hallo Mama. Ich weiß, du bist noch auf Arbeit. Aber hättest du eine Möglichkeit, den Junior von der Krippe abzuholen? Die haben gerade angerufen, dass er bitte abgeholt werden muss. Er hat eine Bindehautentzündung.“
„Oh Anke, du weißt, dass ich immer helfe. Aber das ist heute ganz schlecht. Ich bin mit dem Rad auf Arbeit und das dauert, bis ich da zuhause bin. Ich müsste dann erst das Auto holen um ihn abzuholen. Also frühestens würde ich es um 17 Uhr schaffen.“
„Nee, das passt schon, Mama. Danke. 17 Uhr bringt nix. Ich ruf mal den Junior-Papa an.“

Also lege ich auf und wähle die Nummer vom Junior-Papa auf Arbeit.
Hi. Ich bins. Die Krippe hat angerufen. Wir müssen den Kurzen abholen. Hättest du ne Möglichkeit früher zu gehen?“
Schweigen am anderen Ende der Leitung: „Oh nee. Das wird nicht gehen. Ich muss doch den Karl vertreten. Ich kann hier nicht alles stehen und liegen lassen. Tut mir echt leid, Süße! Kannst du ihn denn abholen?“
„Ja muss ich ja wohl.“ Ich atme tief ein und wieder aus. Aufregen bringt nix. „Ich sag meinem Chef Bescheid und hol ihn ab.“

Zehn Minuten später saß ich wieder hinter dem Steuer meines Autos und brauste auf der Autobahn der Bindehautentzündung entgegen. Zum Glück habe ich einen echt coolen Chef, wenn sich solche Probleme auftun. Der sagte nur kurz und knapp:Wie haben wir das das letzte Mal gemacht? Dann bringst du wieder ne Krankmeldung für den heutigen Tag. Und schaust halt mal.“ Danke Chef!!! Kein Drama, kein schiefer Blick! Das ist viel Wert. Trotzdem kam ich mir wie der letzte Vollidiot vor. Zu sagen: „Chef, es gibt da ein Problem. Die Krippe hat gerade angerufen. Ich muss den Junior abholen. Sofort. Heißt, ich muss jetzt gleich wieder gehen.“ In dieser Rolle gefalle ich mir gar nicht. Das sieht doch wieder so aus: Auf diese berufstätigen Mütter kann man sich nicht verlassen.

Also holte ich um 16.20 Uhr ab den Junior. Dieser kam mir freudestrahlend entgegen gerannt und freute sich sichtlich, seine Mama wieder zu sehen. Sein Auge sah wirklich schlimm aus. Ich rief beim Kinderarzt an und machte gleich einen Termin. Davor fuhren wir noch einmal kurz nach Hause, um das Versichertenkärtchen zu holen.

Beim Kinderarzt wurde dann offiziell bestätigt, was die Krippen-Erzieherin schon diagnostiziert hatte. Bindehautentzündung. „Das zweite Auge ist auch schon rot. So kann er nicht in die Krippe gehen. Da kann er frühestens am Freitag wieder hin.“ Na großartig. Zwei ganze Tage Zwangsurlaub für mich.

Am Abend entschuldigte sich ein ziemlich kleinlauter Papa noch einmal bei mir: „Also beim nächsten Mal, bleib ich wieder daheim. Nur du weißt, der Karl ist im Urlaub …“  Ja, ich weiß. Und es ist auch nicht schlimm, dass es wieder einmal mich getroffen hat. Ich mach es ja gerne. Und es ist besser, ich gehe mit dem Junior zum Kinderarzt, als die Oma schicken zu müssen.

Nur mein Chef denkt langsam, ich hab nen Schlag. Denn genau solch eine Situation hatten wir schon einmal vor geraumer Zeit. Nur damals saß ich gerade einmal zehn Minuten am Arbeitsplatz. Diesmal waren es immerhin 1,5 Stunden … Papa, ich nehm dich beim Wort: Nächstes Mal bist du dran!

Liebe Grüße
Anke

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2 Kommentare

  • Antworten
    susilü
    21. April 2017 at 12:47

    Hallo zusammen,

    das kenne ich- mein Ex-Mann hat auch nie Zeit, wenn er mal Verantwortung für die Kleinen übernehmen könnte…

    Und zwei Tage haben bei dir tatsächlich gereicht? Ein Kollege hat gemeint, sein Augenarzt hat ihn da gleich für zwei Woche krank geschrieben, so schlimm war das…

    Grüße Susi

  • Antworten
    Lorena
    10. April 2019 at 5:37

    Hallo,
    Wo ist das Problem? Gerade bei Spätschicht und familiären Backup lassen sich die Fehlzeiten doch einigermaßen im Zaun halten. Das Kleinkinder häufig krank sind und sich das nicht immer wegorganisieren lässt, wissen sowohl Arbeitgeber wie auch Berufstätige mit Kleinkindern genau. Dafür gibt’s ja auch die Kindkrank- Regelung und man wechselt sich halt mit seinem Partner ab. Als Alleinerziehende ist das nochmal ein ganz anderer Schnack, zumal ja noch die eigenen Kranktage dazukommen. Und das ist mit Kleinkindern im Haus durchaus häufiger der Fall als vorher. Ist nichts , wofür man ein schlechtes Gewissen haben braucht, sondern gehört zu einem Leben mit Kindern dazu.

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